Adobe Edge Delivery Services: Die CMS Revolution?
Flexibilität trifft auf neue Herausforderungen
Ich komme aus der Welt des klassischen Content-Managements und gestalte heute als Product Owner bei eggs unimedia moderne digitale Lösungen. Als ich das erste Mal von Adobe Edge Delivery Services (Im Folgenden „EDS“ genannt) und Document-based Authoring gehört habe, bin ich kurz aufgeschreckt – und zwar im positiven Sinne. Ein frischer Ansatz für die Art und Weise, wie Inhalte ausgeliefert und erstellt werden? Klingt spannend! Aber mit der Zeit kam auch die Erkenntnis: Edge Delivery Services ist revolutionär, aber bei weitem nicht die perfekte Lösung für alle. Ich habe das Thema eingehend analysiert – und hier ist meine persönliche ehrliche Einschätzung, basierend auf dem aktuellen Stand der Dinge.
1. Warum Adobe das klassische AEM hinter sich lassen will – und warum das nicht für jeden das Richtige ist
Adobe sieht das klassische AEM mittlerweile als Dinosaurier – und ja, das tut ein bisschen weh, aber es trifft den Punkt. Die Technologien dahinter, wie Java und OSGi, waren früher der letzte Schrei, aber heute wirken sie eher wie ein altes Uhrwerk: robust, aber schwerfällig. Monolithische Systeme wie das klassische AEM kommen einfach nicht mehr mit, wenn es um die schnellen, flexiblen Anforderungen moderner Websites geht. Sich von diesen „alten Zöpfen“ zu lösen, klingt also logisch – wenn dein Unternehmen bereit ist, diesen Schritt zu wagen.
Edge Delivery Services ist ganz klar ein entwicklergetriebenes Projekt von Adobe. Das merkt man sofort: Hier geht es um Agilität, um moderne Tools und um Geschwindigkeit – perfekt für Entwickler, die gerne direkt im Code arbeiten. Im Vergleich dazu fühlt sich das klassische AEM eher an wie ein Schweizer Taschenmesser: Du hast alles an einem Ort, aber so richtig leicht und flexibel ist es eben nicht. Adobe will also den Monolithen loswerden, um schneller und modularer zu sein – eine nachvollziehbare und zukunftsorientierte Entscheidung. Meine persönliche Meinung: Vermutlich wird Adobe das System Edge Delivery Services parallel anbieten, als moderne und agile Ergänzung, da sie wissen, dass nicht alle Kunden sofort bereit sind, den bewährten Ansatz aufzugeben. Der Umstieg erfordert ein anderes Mindset, und viele Unternehmen sind vielleicht noch nicht bereit, den vertrauten Monolithen gegen mehr Flexibilität einzutauschen.
2. Microservices und Edge: Eine geniale Idee?
Microservices klingen erst einmal wie die Antwort auf alle Fragen der Webentwicklung: kleinere, modulare Services, die unabhängig voneinander entwickelt und deployed werden können. Das gibt dir mehr Flexibilität – theoretisch. Adobe Franklin / Project Helix treibt das alles auf die Spitze. Mit Edge-Servern, die Inhalte global verteilen, erreichst du Nutzer schneller und stabiler. Das bedeutet auch, dass deine Website eine höhere Performance hat und Google dich mit einem phänomenalen Lighthouse Score belohnt. Aber: Die Implementierung von Edge Delivery Services erfordert ein komplettes Umdenken.
Besonders heikel wird es bei dynamischen Inhalten, etwa bei der Personalisierung. Hier tut sich Edge Delivery Services noch schwer. Adobe arbeitet an Add-ons, die das verbessern sollen, aber sie sind noch nicht spruchreif. „This is an early access technology and is still heavily in development.“ Als jemand, der die Realität hinter den Buzzwords kennt, kann ich dir sagen, dass es nicht immer so einfach ist, wie es klingt. EDS ist super. Aber bevor du in den Hype einsteigst, solltest du wissen, dass der Weg dorthin mit einigen (schaffbaren) Herausforderungen gepflastert ist.
3. Die Mischform: Wie du das Beste aus „klassischem AEM“ und EDS kombinieren kannst
Du musst nicht sofort alles auf Edge Delivery Services umstellen. Tatsächlich gibt es eine Mischform, die für viele Unternehmen der erste Schritt sein kann: Lass deine Hauptseite auf AEM-as-a-Cloud-Service laufen und lagere bestimmte Bereiche – wie zum Beispiel den Blog – auf eine Subdomain aus, die komplett auf Edge Delivery Services basiert (z. B. blog.deinefirma.de). Das ist clever, weil du damit die Vorteile von Edge Delivery Services testen kannst, ohne deine ganze Seite auf einmal umstellen zu müssen.
Aber: Was machen wir mit der Navigation? Zwei verschiedene Systeme nahtlos zu integrieren, erfordert technische und konzeptionelle Raffinesse. Es ist nicht unmöglich, aber auch nicht so simpel, wie es vielleicht klingt. Dennoch, wenn du es richtig angehst, kannst du so die Vorteile beider Welten kombinieren.
4. Document-based Authoring: Revolutionär oder doch ein Rückschritt?
Ehrlich gesagt: Document-based Authoring hat mich im ersten Moment fasziniert. Inhalte direkt in Google Docs oder Microsoft Word erstellen und diese dann in HTML umwandeln? Das klingt nach einer großartigen Erleichterung. Auch wenn ich mit AEM das WYSIWYG lieben gelernt habe. Doch je tiefer ich in das Thema eingetaucht bin, desto klarer wurde mir: Für kleine, agile Teams mag das eine echte Bereicherung sein. Aber für größere Unternehmen, die auf komplexe Workflows, Übersetzungen und Multi-Site-Management angewiesen sind? Das lässt sich nur im Einzelfall prüfen.
Adobe hat sich hier einiges einfallen lassen, aber viele der AEM-Funktionen, die du kennst und liebst, fallen (erstmal) einfach weg. Du arbeitest mit einer einfacheren Architektur, was natürlich gut für die Effizienz ist, aber schlecht für die Kontrolle. Und genau hier musst du abwägen: Willst du die volle Kontrolle über deinen Content behalten oder reicht dir die Effizienz?
5. Entwicklersicht: Was du wirklich wissen musst
Für die (ja… eigentlich nur noch Frontend-) Entwickler unter euch: Edge Delivery Services ist keine Spielerei – es erfordert einen radikalen Umbruch in der Art, wie du Seiten entwickelst. Die Codebase wird über GitHub verwaltet, und Blocks ersetzen die klassischen AEM-Komponenten. Diese Blocks sind wiederverwendbare Bausteine, die HTML, CSS und JavaScript kombinieren. Sie bieten enorme Flexibilität und Modularität, aber die Umstellung erfordert Zeit und Nerven. Wenn du bisher in der AEM-Welt unterwegs warst, musst du dich auf eine steile Lernkurve einstellen.
Die clientseitige Verarbeitung läuft über die decorate-Funktion. Das heißt, dass dynamische Elemente erst nachträglich geladen werden. Das macht die Seiten interaktiv und schneller, aber es verändert auch die Art, wie du über die Website-Performance nachdenken musst. Das ist keine leichte Umstellung, und du wirst viel Zeit in die Einarbeitung investieren müssen.
Für die Nicht-Entwickler: Mein Kollege Nhan hat dir die Edge Delivery Services-Architektur in einen Restaurantbesuch umgewandelt. Es lohnt sich, reinzuschauen. Mehr dazu in diesem CX-Day Vortrag.
6. Sicherheit und Datenschutz: Ein Thema für jedes CMS
Ein Vorteil von Edge Delivery Services ist die globale Auslieferung von Inhalten über Edge-Server, was die Performance erheblich verbessert. Aber wie bei jedem CMS solltest du auch hier sicherstellen, dass deine Daten DSGVO-konform verarbeitet werden, vor allem, wenn sie über Server in verschiedenen Regionen verteilt sind.
Zwar bietet Adobe Mechanismen, um die Datensicherheit zu gewährleisten, und du kannst sogar dein eigenes Content Delivery Network (CDN) nutzen. Dennoch bleibt die Frage, wo und wie deine Inhalte gespeichert und verarbeitet werden. Diese Transparenz ist entscheidend, um sicherzustellen, dass alle Datenschutzanforderungen erfüllt werden.
7. Tschüss Releasezyklen! Hallo, neue agile Helix Welt!
Deine Website verliert den klassischen "Produktcharakter". Das bedeutet, das Konzept von festen Releases und Updates gehört der Vergangenheit an. Keine Service Packs, keine festen Updates, keine „Nächste Woche (Freitag) kommt das große Paket“-Momente mehr. Stattdessen läuft alles live, direkt aus deinem GitHub ins System – und das gilt nicht nur für deinen eigenen Code. Auch Adobe spielt kontinuierlich Anpassungen ein. Das klingt vielleicht nach einem Traum für Agile-Fans: Keine Releasezyklen mehr, kein Warten. Alles passiert Stück für Stück.
Dies wäre kein kritischer Blogartikel, wenn es kein „Aber“ gäbe. Aber: Die Verantwortung liegt bei dir. Änderungen, die Adobe an Edge Delivery Services vornimmt – sei es am Universal Editor oder an Konfigurationen – musst du selbst anpassen. Es gibt keine großen Ankündigungen oder Versionsupdates, sondern vielleicht eher einen Hinweis: "Da wurde was geändert, mach was draus." Klingt erstmal easy, doch die stetige Weiterentwicklung kann es dir schwer machen, den Überblick zu behalten.
Das ist by the way nicht unbedingt schlecht. Du musst dir keine Sorgen machen, dass Adobe dir die Website zerpflückt, aber es bedeutet auch, dass du aktiv mitdenken musst. Es gibt keine dedizierten QA / Staging / Whatever-Umgebungen mehr, alles passiert in Echtzeit. Fluch oder Segen? Kommt drauf an, wie agil du arbeiten willst. Wenn du schnelle, kontinuierliche Anpassungen schätzt, ist das genau dein Ding. Wenn du klassische QA-Verfahren bevorzugst, könnte es holprig werden. Aber hey, Veränderung bringt neue Möglichkeiten, oder?
In diesem Sinne: Edge Delivery Services – DIE CMS Revolution? Ein Fazit.
Edge Delivery Services ist eine riesige Chance, aber auch eine riesige Herausforderung. Adobe hat einen wirklich mutigen Schritt gewagt, und es gibt keinen Zweifel, dass Edge Delivery Services in vielen Bereichen wegweisend ist und sein wird. Doch für viele Unternehmen ist dieser Schritt vielleicht jetzt noch nicht machbar. Es ist nichts Schlimmes daran, noch auf das bewährte AEM zu setzen oder eine Mischform zu nutzen.
Klassische Anforderungskataloge, wie sie bei CMS-Ausschreibungen üblich sind, greifen bei Edge Delivery Services oft zu kurz. Mit den üblichen Fragen würde EDS womöglich durchfallen, weil es eine völlig andere Herangehens- und Betrachtungsweise erfordert. Genau hier setzen wir als Trusted Advisor an: Wir stellen gemeinsam mit dir die richtigen Fragen und analysieren sorgfältig alle Ziele und KPIs, um zu verstehen, welche Lösung am besten zu deinem Unternehmen passt. Ob es eine Mischform, AEM as a Cloud Service, oder sogar eine Verlängerung mit AEM On-Premise ist – wir finden die passende Strategie. Unser Ziel ist, eine Lösung zu entwickeln, die nicht nur funktioniert, sondern dein Unternehmen langfristig stärkt.
Wir lieben es. Und wir helfen dir dabei, es lieben zu lernen.